Halb und Halb

Die Double Rundt und unsere schwierige An- und Abreise.

Gefühlt sind wir schon wieder Wochen zurück, tatsächlich aber erst seit 2 Tagen. Es war ziemlich anstrengend, daran konnten auch einige wenige Erholungstage zwischendurch nichts ändern. Aber – es war schön. Trotzdem. Halb so, halb so. Und das Wetter…..

Start war Montag, den 01.07. gegen 17 Uhr in Kröslin. Ein bisschen Kreuzen war angesagt, das war zu erwarten, denn der Wind hatte einen Tag vorher auf eine stabile Westwindlage gedreht. Zunächst auf dem Bodden und im Strelasund war das noch entspannt, die letzte Brückenöffnung in Stralsund jedoch verpassten wir. Ankern bei Drigge ist schön! Ein bisschen wenig Schlaf gab es für das kommende Vorhaben.

Dienstag früh also die Brücke in Stralsund, bis zum Gellenstrom war auch alles schön, weil keine Welle. Danach begann der Spaß. Wind – so 15 bis 20 Knoten von vorn mit entsprechender Welle. Das bedeutete den ganzen Tag bei maximaler Krängung Aufkreuzen. Ab und zu Regenschauer. Ausweichmanöver im Tiefenwasserweg. Später drehte der Wind gnädigerweise und wir konnten unseren erkorenen Ankerplatz für die Nacht anlegen. Marielyst. Ganz dicht unter Land gekrochen lagen wir da ganz wunderbar. Spät war es schon wieder, Mitternachtsessen gab es. Auch schon wieder.

Wenig Nachtschlaf folgte frühes Aufstehen und Vorfreude auf diese spezielle Etappe. Gehetzt vom Wissen, dass ab Donnerstag früh Starkwind (30-35 Knoten) aus West kommen sollte, nahmen wir die Strecke bis Langballigau in Angriff. Wind von vorne, Strom im Fehmarnbelt von vorne, mehrfaches Ein- und Ausreffen, zahlreiche Ausweichmanöver – das waren die Highlights des Tages. Die Laune war nicht die Beste. Ab 22 Uhr, wir hatten Fehmarn endlich hinter uns gelassen, drehte der Wind endlich und der Strom ließ nach. Dafür kam Windzunahme (unangekündigt) und schöne hohe Welle dazu. Aber wenigstens waren wir nun trotz Reff 2 schnell unterwegs. Über 40 Meilen hatten wir noch vor uns. Die Nacht blieb leicht hell und gegen 02 Uhr morgens erreichten wir die Flensburger Förde. Welle weg, dafür Kälte und Müdigkeit. Und dann war es vorbei, Segel runter und ab in den Hafen. Erleichterung. Regen beim Aufklarieren? Egal, Hauptsache da. Ein superschöner Moment. Nachdem wir fest waren, saßen wir noch bis 05:30 Uhr, resümierten die Fahrt, verglichen blaue Flecken an den Knien und Muskelkater vom vielen Kurbeln.

Nach unserem Frühstück um 16 Uhr am Donnerstag kam auch schon Max, ein bisschen erzählen und einen netten Abend verbringen. Danach wieder schlafen – solange wie möglich. Abends gab`s Check in und Freibier am Clubhaus vom YCLL, außerdem Fußball. Den offiziellen Bericht von Double Rundt findest du unter dem Link oben. Hier jetzt mal der inoffizielle, höchst subjektive Bericht von uns:

Der Samstag begann mit Regen. Wir blieben bei unserer Entscheidung für das etwas kleinere Vorsegel wegen des angekündigten Starkwindes. Für weniger Wind sollte ja die Windrichtung für größere Vorsegelvarianten wie Code Zero und Gennaker passen. Eigentlich. Die Messwerte von Kegnaes Fyr waren jedenfalls schon vielsprechende 15 – 23 Knoten. Zuviel „eigentlich“ und „sollte“ in diesem Absatz. Tatsächlich waren am Start 5 – 6 Knoten Wind aus Südost bis Ost, was einen Kreuzkurs bei Schwachwind bedeutet und d a s mit dem kleinen Vorsegel. Der Wunsch ins Steuerrad zu beißen tauchte auf in meinem Kopf. Nach etwa der Hälfte der Strecke in der Förde drehte jedoch der Wind gnädigerweise und als Jörg gerade den Furler für den Code Zero abgebaut hatte, konnte er ihn wieder anbauen. Endlich holten wir wieder etwas auf und tauchten in die vordere Gruppe ein. Ab der Tonne mußten wir abfallen, um die Westspitze von Lyø anzulegen. Das erwies sich als schwieriger, als gedacht. Das waren dann 150 Grad zum Wind, der nun mit 15 Knoten eine schöne Schaukelwelle vor sich her schob. Anstatt also anzuluven, um halbwegs voran zu kommen, blieben wir auf dem tiefen Kurs und bastelten bei nächster Gelegenheit eine Trompete. Sprich, der Gennaker hatte sich um sich selbst gewickelt und musste zunächst runter, um ihn wieder zu entwirren. Die Aktion kostete uns geschätzte 15 Minuten und viele Plätze, und etwas später die Erkenntnis, dass wir den Kurs so nicht segeln können. Wir machten also 2-3 Kreuzschläge vorm Wind – auch das kostete Zeit und Plätze, um dann bei Lyø in ein fantastisches Gewitter zu kommen. Winddreher, Böen, Starkregen, Windpause, Stehversuche. Noch 6 Meilen bis Lyø, auf denen sich das Spiel 4 mal wiederholte, nur noch mit der Variante Hagel. Ein unglaublicher etwa 10minütiger Hagelschauer prasselte auf uns nieder. Danach setzten wir wieder den Gennaker, nahmen ihn etwas später im Angesicht des nächsten Gewitters wieder runter. Vor Søby gab es wieder Stehversuche, aber immerhin hatten wir uns vom nach uns liegenden Feld – alles Schiffe einer andere Gruppe – abgesetzt. Um 17:24 Uhr waren wir im Ziel und wieder setzte Starkregen ein. Eigentlich gibt es zu nass ja keine Steigerung, entweder man ist nass oder trocken, aber wir waren beim Anlegen dann am nassesten. Schön oder? Aber die Party später war gut.

So, jetzt zum entspannten Teil. Ein schöner Tag auf Ærø mit Busrundfahrt nach Marstal, Cappucchino und Kuchen, auf dem Friedhof den Spuren von „Wir Ertrunkenen“ folgend, dem genialen Buch von Carsten Jensen, der die Inspiration für seinen wunderbaren Roman in Marstal und die Namen der Protagonisten auf dem Friedhof fand. Gut, damit ist der entspannte Teil zunächst wieder vorbei.

Montag Vormittag war noch Starkwind, auf den wir keine Lust hatten. Also starteten wir etwas später, passend um den ersten und einzigen Schauer des Tages schön mitzunehmen, kreuzten um Ærøs Spitze und gingen dann auf unseren Kurs Richtung Fehmarn. Der Wind war wieder mal nicht so verlässlich in Richtung und Stärke. Unter Gennaker mussten wir immer mal wieder abfallen oder anluven, aber gegen 20 Uhr packten wir unsere Segel ein und suchten uns einen schönen Ankerplatz in der geschützten Bucht vor Orth auf Fehmarn aus. Ziel erreicht. Der Sonnenuntergang an diesem Tag war spektakulär und wurde begleitet von einem unüberhörbaren sirrenden Tön, den eine Million Babymücken über unserem Cockpit von sich gaben. Das Gute daran – sie stachen nicht. Danke.

Sonnenuntergang Orth

Dafür klebten sie am nächsten Morgen am ganzen Schiff. Dieser Morgen war wieder einmal sehr früh, vor dem Frühstück um 06:30 Uhr holten wir unseren Anker auf. Grund für das frühe Losfahren war die Windvorhersage und wir taten gut daran. Alle möglichen Wettermodelle hatten sich wieder um die genaueste Vorhersage gestritten. Gewonnen hat die mit dem meisten Wind, der zudem noch früher begann. Wenigstens waren wir schnell, erst in der Wismarer Bucht ließ der Wind nach und drehte. Er kam nun von vorne und bescherte uns eine wunderschöne Kreuz bis nach Wismar in den Stadthafen. Sehr genial. Aufkreuzen bei moderaten Winden ist eine Belohnung für uns und macht immer wieder Spaß. Die Sonne war auch rausgekommen und brannte erbarmungslos vom Himmel herab. In dem Moment, als der Fahrtwind aufhörte, wurde es heiss in unseren Klamotten.

Wir drehten eine Nachmittagsrunde durch Wismar, statteten dem Lieblingscafè einen Besuch ab und mussten feststellen, dass hier so manches teurer wurde. Kaffee und Kuchen, beispielsweise, oder auch der Liegeplatz im Hafen bei praktisch nicht mehr vorhandenem Service. Außer festbinden bekommt man aktuell nichts im Hafen, da der Wasserwanderrastplatz gesperrt ist und das Sanitärgebäude ewig weit weg ist. Ok, Strom gabs auch, das war`s dann aber. Wobei… abends war noch Kino, Hafenkino, ganz ganz groß. Stefan Boden hat mal ein Anlegersplattermovie geschrieben, eine Geschichte, über die wir immer wieder lachen können. So ähnlich war die Vorführung an diesem Abend in Wismar. Und alle in Reichweite, wirklich alle, saßen oder standen fasziniert da, unfähig sich loszureißen, und verfolgten das spannende Geschehen um eine 5er Crew, die nicht festmachen konnte und den Kapitän eines dicken Motorbootes, der lautstark um seinen Elektroanschluss kämpfte „mit dem Recht des Ersten“. Nun hatte er in der Sache zwar Recht, aber sein Auftritt war fantastisch und wir bogen uns vor lachen.

Dann kam der Mittwoch und von da an erzählten uns die Verkehrszentralen Wismar, Rostock und Stralsund täglich das Märchen von Gewitterböen mit 8 bft. Und in echt? Stehversuche. In Kühlungsborn brachen wir ab, nach bereits 10 Meilen unter Motor. Donnerstag war wieder früh aufstehen, damit wir wenigstens noch ein bißchen Wind abkriegen. 36 Meilen unter Motor (von 69). In Stralsund banden wir uns vor der Brücke fest, kochten und warteten auf die Öffnung um 21:30 Uhr. Dann fiel kurz darauf der Anker vor der Halbinsel Devin. Eine schöne Ankerplatzneuentdeckung. Tonhaltiger Boden, den wir am nächsten Morgen vom Anker abkratzen mussten. Freitag hatten wir wieder Ostwind, also Aufkreuzen. Und nun kam die kleine Wiedergutmachung von der Regattaschmach. Ein kleines Matchrace, das wir so locker gewannen, dass wir ganz überrascht waren.

Kurz hinter Gustow kamen hinter uns die Segler anmotort, die durch die Brücke gekommen waren. Darunter auch unübersehbar ein ganz sportliches Schiff, ein L30. Allerdings noch unter Motor. Als es auf unserer Höhe war, setzten die Beiden an Bord ihre Segel – ebenfalls schöne Carbonsegel, das Groß mit Sqarehead – und gingen auf die Kreuz. Als wir uns das erste Mal in der Mitte trafen, lag die L30 knapp vor uns. Als wir nach der nächsten Wende ihre Bahn kreuzten, lag sie bereits einige Schiffslängen zurück, nach der nächsten Wende hatte sie schon mindestens 10 Schiffslängen verloren. Dann ging es rasant abwärts für sie. Als wir uns Palmer Ort näherten, lag die L30 bereits ca. 2 Meilen zurück. Wir konnten uns das kaum erklären, ist es doch ein angeblich auf allen Kursen so schneller Racer. Vielleicht waren wir an diesem Vormittag aber auch einfach so perfekt, denn jede Wende saß, die Wendewinkel waren exakt und wir steuerten immer schön an der Windkante entlang. Das kann sie gut, die Helene D, besonders bei Bedingungen ohne Welle. Ist es notwendig, zu erwähnen, dass alle anderen Schiffe , die da mit aufkreuzten, das gleiche Schicksal ereilt hatte? Bei Hanse, Bavaria und Co ist das aber eigentlich auch kein Ding.

Sichtlich zufrieden, mit Grinsen im Gesicht, steuerten wir ab Palmer Ort unser Tages-, Wochenends- und Sehnsuchtsziel Seedorf an. Das war dann hoch am Wind bei immer mehr Wind und Welle. Zügig stieg die Windgeschwindigkeit an. Als wir an Reffen dachten, drehte der Wind, damit wurde es wieder entspannter und schneller. In die Having hinein aber durften wir wieder kreuzen. Am Ende war das unser schönster Segeltag, auch weil Seedorf auf uns wartete.

Nach 2 Tagen Entspannung wartete als Bonbon noch die Rückfahrt nach Kröslin auf uns; aus der Having Kreuzen, wobei wieder 3 sportliche Schiffe als Gegner zur Verfügung standen, dann Abfallen auf einen Code-Zero-Kurs. Lief ausgezeichnet.

Mit ziemlicher Sicherheit werden wir die Double Rundt 2025 wiederholen, hoffentlich mit etwas mehr Glück bei Wetter, Wind und Segelauswahl. Man muss das am Ende so betrachten, mit Herausforderungen wächst man, auch wenn man an seine Grenzen kommt, wie auf der Hintour.

Und Fotos? Leider eher Mangelware. Irgendwie fehlte die Fotografierstimmung. Nächstes Mal wieder – versprochen!